05.11.2015 – OLG Naumburg:
Willkürliche Umgehung des Richtervorbehalts führt zu Beweisverwertungsverbot der Blutprobe.
Nach § 81a StPO darf eine Blutprobeentnahme zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind; die Blutprobe muss von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden. Dies ist bei Straßenverkehrsdelikten Tagesgeschäft, da dort oft der Verdacht besteht, dass der Fahrzeugführer unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen steht.
In Deutschland gilt der Richtervorbehalt, § 81a Abs. 2 StPO. Nur ausnahmsweise können Staatsanwaltschaft und nachrangig auch Polizeibeamte die Blutprobeentnahme selbst anordnen, wenn der Untersuchungserfolg durch die Verzögerung der Anordnung gefährdet wird. Dies muss dann aber mit Tatsachen belegt, begründet und hinreichend(!) dokumentiert werden. Es gilt also für Polizeibeamte immer, zunächst eine richterliche Anordnung zu bekommen. Bei Nichtbeachtung des Richtervorbehalts ist die Beweisgewinnung rechtswidrig, ob das Ergebnis der Beweisgewinnung dann im laufenden Verfahren trotzdem verwertet werden darf, ist fast immer eine Frage des Einzelfalls. Bei der Blutprobenentnahme ist dies nicht gesetzlich geregelt, daher ist nach der von der Rechtsprechung entwickelten Abwägungslehre eine Wertung im Einzelfall erforderlich.
Im vorliegenden Fall hatte der Polizeibeamte gegen den Willen des Beschuldigten und ohne richterliche Anordnung eine Blutprobeentnahme wegen Gefahr im Verzuge angeordnet, ohne sich pflichtgemäß vorher überhaupt um eine richterliche Anordnung zu bemühen, obwohl sogar ein Eildienst von 08.30 Uhr – 21.00 Uhr zur Verfügung stand. Der Polizeibeamte hatte nicht dokumentiert, ob er versucht hatte, den Bereitschaftsrichter zu erreichen, darüber hinaus konnte der Polizeibeamte sich im Prozess an die wesentlichen Sachen nicht mehr erinnern. Darin sah das OLG eine willkürliche Umgehung des Richtervorbehalts und bestätigte das von der Vorinstanz angenommene Beweisverwertungsverbot.